Am Freitag, den 23. Januar 2015 wurde letztmals ein Gottesdienst in der „Evangelischen Kirche“ in Geisenfeld in der Mühlstraße gefeiert. In diesem Gottesdienst predigte Dekan Thomas Schwarz aus Ingolstadt. Pfarrer Reinhard Wemhöner versuchte sich an einem Rückblick auf die Geschichte des Hauses.
In seiner Begrüßung dankt er der katholischen Gemeinde in Ainau für deren Bereitschaft, den Evangelischen eine neue Heimat in ihrer Kirche zu geben.
Pfarrer Reinhard Wemhöner erinnert an die Geschichte des Hauses in Geisenfeld
Dekan Schwarz übergibt das Kreuz an Pfarrer Wemhöner, um es aus dem Haus zu tragen
In seinem Rückblick sagt Pfarrer Wemhöner:
Unter den hier Anwesenden bin ich einer vor denen, die die kürzeste Zeit mit diesem Bauwerk gelebt haben; Herr Schäfer hat es schon gar nicht mehr in „aktivem“ Betrieb gesehen, außer an einem Konfirmandentreffen kurz nach seinem Dienstantritt.
Wobei „aktiver“ Betrieb? Solange ich hier bin; und das sind jetzt fast vier ganze Jahre, war kein wirklich aktiver Betrieb. Wir haben gelegentlich einen Konfirmandensamstag hier gemacht. Der Seniorenkreis traf sich monatlich noch über die Zeit hinaus, als hier schon keine Gottesdienste mehr gefeiert wurden.
Natürlich war die Erwartung da, dass es wieder werden würde wie früher nach der Einweihung des Hauses und mehr Aktivitäten in der evangelischen Teilgemeinde Geisenfeld mit einem neuen Pfarrer. Aber es gab hier den vertraulichen Berichten nach, immer kaum regelmäßige Gruppen und Treffen. Das gottesdienstliche Leben war zumindest in der Erinnerung reichhaltiger und der Kirchenbesuch besser. Zumindest gefühlt. Wirklich verwertbare Aufzeichnungen gibt es dazu nicht mehr.
Es gibt Erinnerungen einiger der Beteiligten. Da war mal ein Gemeindefest, da gab es legendär gewordene Abende, da gab es immer die Kleidersammlung. Aber es gibt auch die etwas wehmütige und verschämte Erinnerung, dass mit dem Ruhestand von Pfarrer Schotte die Zufriedenheit der ersten Jahre verschwunden war.
So gilt auch hier der banal klingende Satz „Die Lösungen von heute sind die Probleme von morgen“. Bis zum Bau der beiden „Barth’schen Gemeindehäuser“ in Vohburg und Geisenfeld hatte die evangelische Kirchengemeinde Vohburg einen eigenen Raum nur in Münchsmünster. Das dortige Bethaus aus den dreißiger Jahren, errichtet auf freiem Feld mit einem kleinen Nebenraum zum Gottesdienstraum. Und ansonsten war man nur und immer zu Gast in den verschiedenen katholischen Kirchen in der Region. Das war mal leichter und mal schwieriger, erstes Befremden und auch vereinzelte Anfeindungen aus der katholischen Umgebung wichen einer stillen Toleranz und sogar einer Wertschätzung gegenüber den „Lutherischen“.
Da war der Bau dieser Häuser als Gemeinschaftsräume und Raum für die Feier der Gottesdienste ein willkommenes Quartier. Besser auch als die Baracke, die man neben dem Wasserturm in Geisenfeld schon genutzt hatte. Konstruiert als schnell erstellbare Fertighäuser für Notstands- und Katastrophengebiete sollten sie einen Übergang zu einer dauerhaften Lösung sein: 30 Jahre Standzeit und Nutzungsdauer waren geplant.
Ein Teil von den Ideen wurde Wirklichkeit. Andere blieben Träume. Die Isolation war schon immer schlecht, aber die Energiepreise waren damals noch kein Thema. Auch die optischen Anforderungen waren anders als heute. Es galt gerade auch in den Augen des damaligen Pfarrers ein anderes Gottesdienstverständnis: eine an den Liturgien der katholischen Kirche orientierte Feier galt als Ausdruck von Ökumene und lebendiger Gottesdienstkultur.
Der sonntägliche Gottesdienst war das Zentrum des gemeindlichen Lebens. Die anderen Veranstaltungen waren eine willkommene Erweiterung, aber maßgeblich war der Gottesdienst. Und es war nun sogar möglich Konfirmationen und Taufen in einem eigenen Raum nach eigener Form zu gestalten und zu feiern. Es war ein echter Fortschritt.
Es entstand gleichzeitig eine – für Außenstehende – schwer nachvollziehbare Konkurrenzsituation zwischen den Gemeindeteilen Vohburg und Geisenfeld in der evangelischen Kirche. Das ist zwar dem Lokalkolorit insgesamt geschuldet, wurde aber offenbar innerhalb der evangelischen Gemeinde mit besonderer Hingabe gepflegt. Die Ausstattung der Häuser musste bis ins Detail vergleichbar sein, auch wenn man bereit war von den Fehlern zu lernen, die man bei Veränderungen in dem einen Haus gemacht hatte und im anderen nicht wiederholen wollte – die Vorhänge sind ein Quell lebendiger Erinnerung an so etwas.
Als „Zugereister“ darf ich es aber deutlich sagen: zuletzt war der optische Eindruck und der technische Zustand dieses Hauses, genauso wie der in Vohburg, einfach nur noch fatal. In die Jahre gekommen, mit übermäßiger Patina der langjährigen und unübersehbaren Gebrauchsspuren.
Und so wurde aus einer Problemlösung wieder ein Problem. Lange haben sich die Verantwortlichen im Kirchenvorstand mit der Suche nach Verbesserungen gequält. Es wurden Renovierungen geplant und durchgeführt. Allein für die Heizung war schon sehr bald eine Änderung nötig, die dann auch durchgeführt wurde, aber an fehlender Isolation kann eine Elektroheizung nichts ändern. Und es bildet sich da auch das Verständnis ab, dass der Gottesdienst die zentrale Veranstaltung der Gemeinde sei: dafür reicht dann die Elektroheizung allemal, wie in vielen anderen Kirchen auch.
Zuletzt hat der Kirchenvorstand nach einigem Hin- und Her sich dazu entschieden, keine Reparaturmaßnahmen mehr zu versuchen, sondern – auch unter dem Druck landeskirchlicher Vorgaben – einen großen Schritt zu einer Konzentration auf ein einziges neues Bauwerk zu gehen. Das fängt damit an, sich von den alten zu trennen, was wir nun heute tun.
Reinhard Wemhöner, Pfarrer