(Text/Foto: Bauer)
Vielleicht der Höhepunkt des Aufenthalts von rund 20 polnischen Kindern und Jugendlichen war am Mittwoch die Fahrt nach Nürnberg zum Reichsparteitaggelände. Der evangelische Pfarrer Reinhard Wemhöner hatte sich angeboten, als ehemaliger Nürnberger Student die Gruppe dort zu führen. Dort wird die verhängnisvolle Geschichte Nürnbergs und Deutschlands vor rund 80 Jahren dokumentiert. Sie reicht von den ersten Reichsparteitagen in den 20er Jahren über die Begeisterung und dem Führerkult mit Mütterchen und Blondschopf vom Dienst bis zum bitteren Ende Nürnbergs und die Nürnberger Prozesse. Da ragt gleich zu Beginn ein etwa 3 x 2 Meter gro0es Bild heraus. Es ist vom Rednerpult auf dem Zeppelinfeld aus fotografiert. Tausende von unkenntlichen Menschen stehen da im Hintergrund zusammengepfercht und wie ein Gott schreitet Adolf Hitler („Triumpf des Willens“) die Stufen empor, gefolgt von seinen Kumpanen. Solche Bilder wirken, haben fast einen sakralen Charakter. Geschickt versteht es die junge Führerin, auch die Kinder unter der Gruppe ins Gespräch mit einzubinden, indem sie entsprechende Fragen stellt. Da wird auch für kleine Gäste Geschichte fassbar. Diese ist stellenweise immer auch die leidvolle Geschichte Polens. Namen wie Auschwitz, Treblinka, Sobibor oder Maidanek sind auch jedem polnischen Jugendlichen Namen bitterster Erinnerung. Im Gespräch wird aber auch deutlich, dass dies alles für sie Vergangenheit und Geschichte ist. Ihre Generation, deren Eltern den Krieg schon nicht mehr miterlebt haben, wollen lieber auf eine europäische Zukunft blicken. (Vgl. auch das Interview.) Betroffen verlässt dennoch jeder die Ausstellung.
Danach führt der Weg in die Innenstadt bis zur Lorenzkirche. Wer will, kann sich einer kleinen Führung von Pfarrer Wemhöner Richtung Burg und in großen Bögen zurück anschließen, es ist aber auch freier Aufenthalt möglich. Der Besuch endet mit einer kleinen Andacht zum Thema Frieden in der Lorenzkirche, einer der größten evangelischen Kirchen. Länderübergreifende Ökumene wird hier praktiziert. Der evangelische Pfarrer Reinhard Wemhöner steht neben dem katholischen polnischen Prälat Jan Patykowski. Sie beten gemeinsam.