Vohburg (bav) So manches, was Martin Luther vor bald 500 Jahren forderte, hat 100 Jahre vor ihm schon ein anderer in die religiöse Waagschale geworfen - und mit dem Leben bezahlt. Jan Hus wurde 1415 in Konstanz auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Dr. Oliver Engelhardt, Mitarbeiter im Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, berichtete als Referent am Sonntag im evangelischen Gemeindehaus über das Leben und Wirken Jan Hus‘ sowie die Folgen seiner Ermordung. Fast 20 Jahre lang erschütterten Hussitenkriege Böhmen, Mähren und teilweise auch Bayern. In der Folge kam es zur böhmischen Reformation. Der vielleicht bekannteste Ausläufer dieser Reformation ist heute noch die Herrnhuter Brüdergemeine und Pädagogen dürfte der Bischof und Philosoph Johann Amos Comenius ein Begriff sein. Engelhardt erläuterte, ausgehend von den Forderungen von Hus, die Entstehung der Böhmischen Brüder, deren extremste Form, die Taboriten, ein streng an der Bibel ausgerichtetes Leben forderten.
In einem zweiten Teil seines Vortrags ging Engelhardt auf die Kirche im heutigen Tschechien ein. 50 Jahre Diktatur, erst nationalsozialistisch, dann kommunistisch, haben Spuren hinterlassen. Fast bestürzend ist, dass sich die Zahl der Christen zwischen den Volkzählungen von 2001 und 2011 mehr als halbiert hat. Nur die Orthodoxen konnten Zuwächse verzeichnen. Mit rund 35000 Mitgliedern spielt die Tschechoslowakisch-Hussitische Kirche keine Rolle mehr. Gerade die Kirchen sind es aber, die immer häufiger dort einspringen, wo der Staat versagt, etwa in Bereichen der Diakonie, der Sorge um Behinderte, Alte, Außenseiter der Gesellschaft.
Im Anschluss an den Vortrag entwickelte sich noch eine lebhafte Fragestunde, die zeigte, dass dem Thema sehr wohl von großem Interesse war.
Foto: Bauer
Pfarrer Wemhöner bedankt sich bei dem Referenten für seinen informativen und spannenden Vortrag - die, die dabei waren wissen, was die versäumt haben, die nicht dabei waren...